Rabbiner Dr. Adolf Salvendi

 

Erneute Ausschreibung für die Stelle eines Rabbiners für den Rabbinatsbezirk Frankenthal-Dürkheim 1866:

 

Adolf Salvendi wurde am 18. Januar 1837 in Waag-Neustadl (heute: Nové Mesto nad Váhom) in der Slowakei geboren.

 

Er erhielt seine erste Ausbildung in seiner Geburtsstadt durch den dortigen Rabbiner und Hebraisten Josef Weiße. Zunächst war er kurzzeitig Rabbiner in der westpreußischen Stadt Kościerzyna (deutsch Berent) und folgte dann einem Ruf in die bayerische Pfalz.

 

Er war von 1866 bis 1909 Bezirksrabbiner des Bezirksrabbinats Dürkheim-Frankenthal, wo er am 28. August 1885 die neue Synagoge in Frankenthal einweihte. Er starb am 23. Dezember 1914 in Karlsruhe.

 

Sein Sohn Hugo Salvendi, geboren am 20. Februar 1877 in Bad Dürkheim, wurde 1942 im Vernichtungslager Auschwitz-Birkenau ermordet.

 

 

 

 

Gerade die Amtszeit von Rabbiner Dr. Adolf Salvendi von 1866 bis 1909 zeigt, wie heftig innerhalb der jüdischen Rabbinate um die zeitgemäße Interpretation der jüdischen Religion gestritten wurde.

 

Im Frühjahr 1862 trafen sich in Ludwigshafen Vertreter jüdischer Gemeinden aus der Pfalz, um über eine Änderung der Wahlordnung für die Synagogenausschüsse zu diskutieren. Sie forderten in einer Eingabe an die Regierung die Auflösung der bestehenden Synagogenausschüsse und sofortige Neuwahlen, an denen nicht nur die Honorationen der Gemeinden sondern im demokratischen Sinn alle Gemeindemitglieder teilnehmen sollten.

 

Zugleich beauftragte die Ludwigshafener Versammlung den anwesenden Landauer Rabbiner Dr. Max Grünebaum mit dem Entwurf einer Verfassung über die Synagogen der Pfalz und einer Synagogenordnung.

 

Grünebaum veröffentlichete noch im gleichen Jahr 1862 eine Broschüre "Israelitische Gemeinde, Synagoge und Schule in der baierischen Pfalz", in der er sich ausdrücklich auf die "Versammlung israelitischer Männer zu Ludwigshafen" berief.

 

In ihr legte er neben einem sehr kritischen Rückblick auf die bisherige Geschichte des Judentums in der Pfalz eine neue Synagogenverfassung vor, die allerdings in dieser Fassung nie realisiert worden ist. Der Zusammenschluss der israelitischen Kultusgemeinden zu einem Verband gelang in der Pfalz erst 1917.

 

Die Stelle für das Rabbinat wurde in der Zeitschrift "Der Israelit" am 28. März 1866  ausgeschrieben:

 

Adolf Salvendi wurde 1866 zum Rabbiner des Bezirks Frankenthal/Dürkheim gewählt.

 

Schon kurz nach seiner Wahl formulierte ein Artikel in der Zeitschrift "Ben Chananja" vom 1. August 1867 massive Kritik an dem Entscheidungsprozess und am theologischen Verständnis von Salvendi. Aus "jüdisch-liberaler Sicht" hieß es:

 

"Aus der Pfalz (Schluss eines längeren Berichtes). So hofft in beiden Richtungen die Orthodoxie, die sonst wenigstens in ihrer neuen fanatischen Form, nur einen sehr geringen Boden in der Pfalz hat, ihr Restitutionsfest bei uns zu feiern. Und dazu schöpft sie in der Wahl des Dr. Salvendi zum Rabbiner des Bezirkes Frankenthal – Dürkheim neue Hoffnung. Dieser Mann, der ein Freund des Dr. Lehmann in Mainz und ein Korrespondent seines Blattes (sc. das orthodoxe Blatt ‚Der Israelit’) sein soll, tritt ganz in der Manier dieses jüdischen Torquemada (sc. Name eines Großinquisitors) auf, nicht bloß sachlich, sondern auch in der Form:

 

Seine Predigten sind zum Teil wahrhafte Kapuzinaden (sc. ‚Kapuzinerpredigt’, d.i. energische Streitpredigt) gegen den ‚Zeitgeist’, wie er es nennt, gegen jeden so genannten Neuerer und jede Neuerung im Leben und im Gottesdienst. Und dabei hält er sich für einen von Gott selbst in diese vom unseligen Zeitgeiste angefressene Provinz gesandten Apostel zur Bekehrung der Sünder."

 

Seine Kritiker in der Pfalz stellten fest, dass vor Salvendi vor allem von den kleinen Landgemeinden gewählt worden sei:

Weiter heißt es von seiten der Kritiker, dass Salvendi  vor der versammelten lokalen Öffentlichkeit das Judentum als "Mumie dargestellt habe, "die jeden Luftzug fürchten muss, um nicht in Staub zu zerfallen."

 

Sein Thema sei "eigentlich der tägliche dreimalige Besuch des Gotteshauses von Seiten der ganzen Gemeinde" gewesen.

 

"Statt dessen war die ganze Rede nur eine Philippika gegen jede Änderung des gottesdienstlichen Herkommens, gegen den ‚Zeitgeist’, sogar gegen den äußeren Bau, welches letztere die Leute nicht einmal verstanden, vielleicht aber gegen das Vorrücken des Almemors an die heilige Lade gerichtet war, was umso mehr böses Blut machte, als die Spitzen der Behörden nebst Bürgermeister und Stadtrat anwesend waren, und man sich schämte, das Judentum, auch in der kleinsten äußeren gottesdienstlichen Form als eine Mumie dargestellt zu sehen, die jeden Luftzug fürchten muss, um nicht in Staub zu zerfallen. Und es war ihm dazu nicht einmal formell eine Veranlassung gegeben, denn sein Thema war eigentlich der tägliche dreimalige Besuch des Gotteshauses von Seiten der ganzen Gemeinde, von welchem jene Ausfälle jedenfalls nur eine Abschweifung waren."

 

 

Artikel in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 31. Januar 1907: 

 

Frankfurt am Main, 30. Januar (1907). Am 18. dieses Monats, feierte Herr Rabbiner Dr. Salvendi in Dürkheim seinen siebzigsten Geburtstag. Der Name Salvendi hat in weitesten Kreisen der Judenheit einen guten Klang, und nicht nur bei unseren palästinensischen Brüdern, für die der Jubilars außerordentlich Segensreiches geleistet hat, sondern überall, wo man Sinn und Verständnis besitzt für die Interessen des Heiligen Landes, wird man bei der Kunde von dem Ehrentag Dr. Salvendis seiner bedeutenden Lebensarbeit in Dankbarkeit gedenken.

 

Wir hegen den Wunsch, dass der verdiente Mann, der durch ständige Beilage seiner Spendenverzeichnisse auch mit dem ‚Israelit’ in freundschaftlichen Beziehungen steht, in voller Kraft seine gesegnete Tätigkeit für Not leidende Glaubensgenossen noch lange möge fortsetzen können.

 

 

Artikel im "Frankfurter Israelitischen Familienblatt" vom 31. Dezember 1913:

 

Karlsruhe. Der Name Dr. Salvendi hat in allen Kreisen der deutschen Judenheit, wo noch ein Funke jüdisches Interesse glimmt, seit Jahrzehnten einen warmen, verehrungsvollen Klang. Der Träger dieses Namens ist dieser Tage zur anderen Welt hinübergegangen. Im hohen Greisenalter – 77 Jahre alt – hat er uns, der bis zum letzten Augenblick für seine ideale Lebensaufgabe, für Palästinas Zukunft arbeitete, verlassen.

 

Rabbiner Dr. Salvendi wurde in Waag-Neustadl (sc. heute Nové Mesto nad Váhom, Westslowakei) geboren und empfing dort seine gediegene jüdische Grundlage durch den dortigen Rabbiner, den hervorragenden Hebraisten Rabbiner Josef Weiße. Schon jung wurde er Bezirksrabbiner in Dürkheim (Pfalz).

 

Hier konnte er für seinen schöpferischen Arbeitsdrang nicht das nötige Betätigungsfeld finden und so begann er, die Sammlungen für Palästinazwecke in seine Hand zu nehmen. 1 ½ Millionen Mark hat er aufgebracht, - wahrlich eine wundervolle Lebensaufgabe.

 

Im Verein "Lemaan Zion" und im "Verein zur Erziehung jüdischer Waisen in Palästina", welche beide Vereine bekanntlich in Frankfurt am Main ihren Sitz haben, betätigte er sich stets mit regestem Eifer. Als ihm seine Verehrer bei seinem 70. Geburtstag eine Summe für eine Palästinastiftung zur Verfügung stellten, bestimmte er, dass auf dieser Stiftung, der Salvendi-Kolonie, ein Neubau des Waisenhauses errichtet und mit einem Lehrgute für seine Zöglinge verbunden werde.

 

Die Statuten dieser Stiftung hatte er jetzt ausgearbeitet und bestimmt, dass stets alles streng traditionell geführt werden müsse und Differenzen durch ein Beth-Din, bestehend aus der Jerusalemer und dem Frankfurter Rabbinat zu erledigen seien. Auch eine Synagoge mit Beth-Hamidrasch ward nach seinen Verfügungen auf der Kolonie errichtet. Ebenso hat er eine Bibliothek errichtet.