Rabbiner und Kantoren

 

Zu den Aufgaben eines Rabbiners zählt die religiöse Lehre. Als Talmudkenner kommt ihm die Entscheidung in religiösen Fragen zu.

 

In liberalen Gemeinden leitet der Rabbiner oft die Sabbat- und Festtagsgottesdienste, während in traditionellen der Kantor oder Vorbeter (Chasan) zuständig ist.

 

Ein Rabbiner ist kein Priester, dem besondere religiöse Aufgaben alleine zustünden. Deshalb kann im Grunde auch jedes dazu befähigte Mitglied einer jüdischen Gemeinde den Gottesdienst leiten, vorbeten oder aus der Thora vorlesen. Oft haben jedoch nur Rabbiner die dazu erforderlichen Kenntnisse.

 

Eine der wichtigsten Aufgaben eines Rabbiners ist die Seelsorge für die Gemeindemitglieder und für Personen, die mit der Gemeinde in Verbindung stehen.

 

"Rabbiner in der Pfalz 1827 - 1939" heißt eine Zusammenstellung von Bernhard H. Gerlach beim Institut für pfälzische Geschichte und Volkskunde in Kaiserslautern.

 

Unterschiedliche religiöse Strömungen auch im Judentum

Die jüdische Gemeinde in Frankenthal verstand sich als liberale Gemeinde. In der Synagoge begleitete eine Orgel die Lieder.

Auch im Judentum gab es von Anfang an unterschiedliche religiöse Strömungen. Solange die einzelnen Gemeinden Verfolgungen ausgesetzt waren, versuchten sie, durch die Treue an ihre Gesetze den inneren Zusammenhalt zu wahren. Mit der erfolgreichen Integration, wie sie gerade auch in Deutschland im 19. Jahrhundert eingetreten ist, löste sich die Bindungen vieler Mitglieder an die Gesetze.

 

Die Jüdische Gemeinde in Frankenthal wird um die Jahrhundertwende als eine liberale Gemeinde beschrieben.

 

Interessant waren die zum Teil sehr kontroversen religiösen Auffassungen im Rabbinat Bad Dürkheim/Frankenthal und zwischen einzelnen Rabbinaten in der Pfalz.

 

Auch in der Gegenwart gibt es verschiedene Strömungen innerhalb des religiösen Judentums. Die Gruppierungen unterscheiden sich unter anderem hinsichtlich der Gottesvorstellungen und der Einhaltung der religiösen Gesetze.

 

Es werden orthodoxe und nicht-orthodoxe jüdische Strömungen unterschieden. In einem weiteren Sinn können die nicht-orthodox Strömungen auch als progressiv, reformiert oder liberal bezeichnet werden. Eine Mittelstellung zwischen Orthodoxie und dem liberalen Judentum nimmt das im 19. Jahrhundert sich formierende konservative Judentum ein.

 

Für das nicht-orthodoxe Judentum findet die Interpretation religiöser Grundsätze in einem fortdauernden Prozess des Dialoges Gottes mit seinem Volk, in der Zeit und in den unterschiedlichen Gesellschaften und Kulturen statt. 

 

In diesem Zusammenhang ist in Deutschland die Ausbildung von Frauen als Rabbinerinnen besonders wichtig.

Ausbildung zum Rabbiner in Deutschland

Ein Rabbiner mit der Thora-Rolle 2006 bei der Einweihung der Synagoge in Ludwigshafen.

Erstmals wird seit 2014 Jüdische Theologie als Studienfach an einer deutschen Universität gelehrt. Die Potsdamer "School of Jewish Theology" steht auch nichtjüdischen Studierenden offen.

 

Es bildet zum ersten Mal an einer staatlichen deutschen Universität Rabbiner und Kantoren innerhalb eines Theologiestudiums aus. Mit dem neuen Institut wird die jüdische Theologie erstmals der evangelischen und katholischen Theologie in der deutschen Universitätslandschaft gleichgestellt. Die Universität Potsdam ist mit dem nichttheologischen Studiengang „Jüdische Studien“ mit derzeit rund 320 Studierenden bereits Zentrum der wissenschaftlichen Beschäftigung mit dem Judentum. Das Fach "Jüdische Studien" wird unter anderem auch an der Hochschule für Jüdische Studien in Heidelberg angeboten.

 

Derzeit studieren 37 Studenten mit dem Berufsziel Rabbi oder Kantor sowie zehn Theologiestudierende in dem neuen Bachelor. Nach fünf Jahren Studium ist ein Master-Abschluss möglich.

 

Schon der erste Studienjahrgang zeigt, dass im Rabbinat die Frauen auf dem Vormarsch sind – die Hälfte der Studierenden ist weiblich.

 

Im Mittelpunkt von Lehre und Forschung des englischsprachigen Bachelor-Studiengangs für Jüdische Theologie an der international ausgerichteten "School of Jewish Theology" steht die mehr als dreitausendjährige Geschichte des Judentums von der Antike bis zur Gegenwart. Kernbereiche des Studiums sind die Geschichte der jüdischen Religion und Philosophie, die hebräische Bibel und ihre Interpretation, rabbinische Literatur und Rechtslehre sowie geistliche Liturgie und Sprachen wie Hebräisch und Aramäisch.

 

Für Studierende jüdischer Religionszugehörigkeit kann das Fach mit den Schwerpunkten liberales Rabbinat, konservatives Rabbinat (Masorti) sowie Kantorat studiert werden. Ein Studium mit einem dieser Schwerpunkte ist mit der Aufnahme am liberal ausgerichteten Abraham-Geiger-Kolleg oder am konservativen Zacharias-Frankel-College an der Universität Potsdam verbunden.

 

Das 1999 gegründete Abraham-Geiger-Kolleg ist das erste Rabbinerseminar in Mitteleuropa nach der Shoah. Das Kolleg bietet seit mehr als zehn Jahren eine akademische Rabbinerausbildung in Kooperation mit der Universität Potsdam an. Mit dem konservativen Zacharias-Frankel-College, das im November dieses Jahres gegründet wurde, gibt es nun einen zweiten Kooperationspartner.

 

Anders als im orthodoxen Judentum ist im liberalen und konservativen Judentum ein Hochschulabschluss Voraussetzung für eine Ordinierung zum Rabbiner. Das Studium in Potsdam steht auch Nichtjuden als reines Theologiestudium offen. 

 

(siehe DIE RHEINPFALZ vom 14. Dezember 2013)