Ehre und Tod für's Vaterland

Jüdische Soldaten im Ersten Weltkrieg

1936 weihten die Nationalsozialisten auf dem Jahnplatz ein Kriegerdenkmal zur Erinnerung an die 653 gestorbenen Frankenthaler Soldaten des Ersten Weltkrieges ein. Drei getötete jüdische Soldaten wurden nicht mitgezählt.

Im Sommer 2014 jährt sich der Ausbruch des Ersten Weltkrieges zum einhundertsten Mal. Am 1. August 1914 entbrannte in Europa ein Krieg, in den im Laufe von vier Jahren insgesamt 40 Länder verwickelt wurden. 

 

Überall in der Welt finden eine Vielzahl an Veranstaltungen und Ausstellungen statt im Gedenken an das Grauen und die vielen Millionen Opfer des Ersten Weltkrieges.

 

Der Förderverein informierte in einem Vortrag mit Fotos am 6. November 2014, im VHS-Bildunsgzentrum in der Schlossergasse 6 - 8, über die jüdischen Soldaten aus Frankenthal.

 

Viele deutsche Juden waren ausgesprochen deutschnational gesinnt. Als 1914 der Erste Weltkrieg begann, meldeten sie sich freiwillig "zu den Waffen", um für ihr Vaterland zu kämpfen. Von den rund 100 000 jüdischen Soldaten wurden rund 12 000 getötet. 31 000 deutsche Soldaten jüdischen Glaubens wurden auf Grund ihrer Tapferkeit mit dem Eisernen Kreuz ausgezeichnet.

 

1936 weihten die Nationalsozialisten auf dem Jahnplatz ein Kriegerdenkmal zur Erinnerung an die 653 gestorbenen Frankenthaler Soldaten des Ersten Weltkrieges ein und veröffentlichten die Namen in einem Gedenkbuch.

 

In einem Schulprojekt 1999 entdeckte eine Klasse des Karolinen-Gymnasiums, dass die drei gestorbenen jüdischen Soldaten nicht mitgezählt und nicht erwähnt wurden. Eine Tafel erinnert seitdem an Leopold Gutmann, Richard Lurch und Max Schweitzer.

 

Eine größere Menschenmenge vor dem Schaukasten des "Frankenthaler Tageblattes" in der Glockengasse, vermutlich am Tag der Mobilmachung, 1. August 1914. Im Hintergrund die Synagoge. Absicht oder Zufall: Der Junge mit Krücken.

Am 31. Juli 1914 riefen Kaiser Wilhelm II. und der bayerische König Ludwig III. offiziell den Kriegszustand aus. Wie fast überall wurde auch die Frankenthaler Bevölkerung von einer fast schon hysterischen Kriegsbegeisterung erfasst.

 

Bereits am 29. Juli hatten sich die Krieger- und Militärvereine der Stadt auf dem Marktplatz versammelt und Kaiser, König und Vaterland Treue und Kampfbereitschaft geschworen.

 

"Wir wollen dem Ausland gegenüber wie vor 44 Jahren das erhebende Schauspiel bieten", betonte der Vorsitzende der Pfälzischen Kriegervereine, der Frankenthaler Justizrat Karl Schweickert, "dass wir ein einig Volk von Brüdern und zu jedem Opfer bereit sind, das zur Verteidigung notwendig ist. Getragen von diesem Pflichtbewußtsein und getragen von der Liebe zu König und Vaterland, zu Kaiser und Reich wollen wir ins Feld ziehen und den Allmächtigen bitten, daß er unserer Fahne wieder den Sieg verleihen möge wie im Jahre 1870/71." (aus: Frankenthal - Die Geschichte einer Stadt; 2013; Seite 624)

 

Bei der Stadtverwaltung meldeten sich täglich "massenhaft" Freiwillige, wie die "Frankenthaler Zeitung" am 3. August meldete, "ganz besonders 15- und 16jährige Jungens, denen Begeisterung und Zorn die Tränen in die Augen preßt."

 

Carl Schweitzer, geboren am 11. Mai 1879, musste, wie alle seine Brüder, zum Militär, vom 1. Juli 1915 bis 20. November 1918.

Frankenthal hatte im Jahr 1910 18 779 Einwohner, darunter 307 Juden. (Stadtgeschichte; Seite 571).

 

In der "Monatsschrift des Frankenthaler Altertums Vereins" werden ab Januar 1915 auf einer "Ehrentafel" die getöteten Soldaten genannt. Im November 1915 schreibt der Verein:

 

"Der Altertumsverein hat in der Monatsschrift die Namen der auf dem Felde der Ehre gefallenen Frankenthaler Helden soweit veröffentlicht, als amtliche Todesnachrichten bei der hiesigen Stadtverwaltung eingelaufen sind oder ihm von den Angehörigen der Gefallenen übergeben wurden. Die amtliche Todesanzeige geht regelmäßig an das Standesamt des letzten Wohnortes des Gefallenen und so kommt es, daß die Schriftleitung noch nicht im Besitze von amtlichen Sterbeanzeigen über Heeresangehörige ist, die zuletzt anderwärts wohnhaft waren, aber zu den Söhnen unserer Stadt gezählt werden dürfen und in der Ehrentafel verewigt werden sollen. Die Angehörigen dieser gefallenen Helden bitten wir, uns deren Namen, Geburtszeit, Stand, militärischer Dienstgard, Tag und Ort des Todes anzugeben und wenn möglich amtliche Mitteilungen beizufügen."

 

Am Ende des Weltkrieges zählte man 521 getötete, 80 vermisste und 52 nachweisbar an einem Kriegsleiden nach dem Krieg gestorbene Männer. Das ist die Zahl 653 auf dem Gedenkstein auf dem Jahnplatz.

 

Zur Einweihung des Gedenksteins veröffentliche der Denkmalauschuss Frankenthal ein "Kriegsehrenbuch 1914 - 1918". Hier sind alle getöteten Soldaten dargestellt. Es fehlen die drei jüdischen Soldaten.

 

Zahlreiche jüdische Männer wurden als Wehrpflichtige eingezogen oder meldeten sich freiwillig.

 

Isaac und Isabella Schweitzer vom Kaufhaus Schweitzer & Wertheimer hatten elf Kinder. Vier der Söhne - Karl, Hugo, Heinrich und Max - waren Soldaten im Ersten Weltkrieg, vermutlich aber auch Fred (Josef Friedrich).

 

Karl Schweitzer, geboren am 11. Mai 1879, war Soldat vom 1. Juli 1915 bis 20. November 1918.

 

Hugo Schweitzer, am 3. Dezember 1882 geboren, war ebenfalls Soldat. Mehrmals verwundet erhielt er das "Eiserne Kreuz".

 

Heinrich Isidor Schweitzer, geboren am 14. August 1892, war praktischer Zahnarzt und nahm vom 17. November 1916 bis 17. November 1918 am Krieg teil.

 

Maximilian Hartwig Schweitzer, Max genannt, geboren am 5. Januar 1894, fiel als Kriegsfreiwilliger bereits nach wenigen Tagen, am 5. November 1914 bei Oostaverne in Belgien.

 

Fritz Lurch nahm als 28-jähriger Kriegsfreiwilliger von Anfang an am Ersten Weltkrieg teil. Er erhielt als erster der zahlreichen Frankenthaler Kriegsfreiwilligen die Tapferkeits-Auszeichnung "Eisernes Kreuz" und kehrte im Herbst 1917 verwundet nach Frankenthal zurück.

 

Sein Bruder Richard Lurch, geboren 1893, meldete sich als angehender Arzt am 2. August 1914 zum Heer. Er kam in das Lazarett der Garnison Würzburg und nahm Ende des Jahres 1914 als Kriegsfreiwilliger an Kriegshandlungen teil. Im November 1915 legte er in Heidelberg die ärztliche Vorprüfung der Medizin mit der Gesamtnote "sehr gut" ab. Er wurde zum Vizefeldwebel und Feldunterarzt befördert und erhielt das Bayerische Militärverdienstkreuz und das Eiserne Kreuz II. Klasse. Am 9. April 1917 fiel er in der Schlacht bei Arras.

 

Max Schweitzer fiel als Kriegsfreiwilliger bereits nach wenigen Tagen, am 5. November 1914 bei Oostaverne in Belgien.

Maximilian Hartwig Schweitzer, Max genannt, geboren am 5. Januar 1894, fiel als Kriegsfreiwilliger bereits nach wenigen Tagen, am 5. November 1914 bei Oostaverne in Belgien. In der "Ehrentafel III" der Monatsschrift des Frankenthaler Altertumsvereins vom März 1915 heißt es:

 

"Laßt uns rühmend der Tapferen aus Frankenthal gedenken, die im heiligen Kampfe fürs Vaterland ihr Leben hingaben!"

 

Max Schweitzer ist in der Liste ist als Nummer 39 aufgeführt: "Maximilian Schweitzer, Kaufmann, Infantrist beim 18. Inf. Reg., 6. Komp., gefallen am 5. Nov. in den Kämpfen bei Hollebecke".

 

23 Soldaten und drei Frauen aus Frankenthal wurden für ihren Einsetz im Ersten Weltkieg ausgezeichnet.

 

 

 

 

1936 weihten die Nationalsozialisten auf dem Jahnplatz ein Kriegerdenkmal zur Erinnerung an die 653 gestorbenen Frankenthaler Soldaten des Ersten Weltkrieges ein und veröffentlichten die Namen in einem Gedenkbuch.

 

In einem Schulprojekt 1999 entdeckte eine Klasse des Karolinen-Gymnasiums, dass die drei gestorbenen jüdischen Soldaten nicht mitgezählt und nicht erwähnt wurden. Eine Tafel erinnert seitdem an Leopold Gutmann, Richard Lurch und Max Schweitzer.

 

Im Jüdischen Museum in Berlin erinnert eine eigene Abteilung an die jüdischen Soldaten im Ersten Weltkrieg.

Obwohl jüdische Wehrpflichtige und jüdische Freiwillige am Ersten Weltkrieg teilnahmen, gab es im deutschen Offizierscorps weiterhin einen massiven Antisemitismus und antisemitische Verbänden, Parteien und Medien verstärkten ihre Propaganda, Juden seien "Drückeberger", die sich dem Waffendienst an der Front mit allen möglichen Ausreden entzögen und davon unverhältnismäßig oft befreit würden.

 

Der Erlass des preußischen Kriegsministers Adolf Wild von Hohenborn vom 11. Oktober 1916 reagierte auf diese Vorwürfe. Die "Judenzählung" oder "Judenstatistik" vom 1. November 1916 sollte den Anteil der Juden an allen Soldaten des deutschen Heeres statistisch erfassen. Sie sollte auch die Zahlen der kriegstauglichen, an der Front dienenden, verlegten, unabkömmlich gemeldeten, zurückgestellten und gefallenen jüdischen Wehrpflichtigen ermitteln.

 

Die Ergebnisse der Umfrage wurden bis Kriegsende geheim gehalten. Das verstärkte die Ressentiments gegen jüdische Kriegsteilnehmer erheblich. Erlass und Geheimhaltung seines Resultats galten den Betroffenen und Kritikern des Regierungskurses als Diskriminierung der jüdischen Minderheit, Parteinahme für die Antisemiten und Scheitern aller liberalen Integrationsbemühungen im Kaiserreich.

 

1922 ergab eine genaue Untersuchung, dass mit 17,3 Prozent anteilig ebenso viele deutsche Juden wie Nichtjuden zum Kriegsdienst eingezogen worden waren, obwohl aus Alters- und Berufsgründen nur 15,6 Prozent der Juden wehrpflichtig gewesen waren. 77 Prozent von ihnen hatten an Fronteinsätzen teilgenommen. Sie stellten damit proportional fast ebenso viele Soldaten wie die Nichtjuden.