Jüdische Gemeinde in Speyer

Seit dem 9. November 2011 gibt es am St. Guido-Stiftsplatz in Speyer ein neues Jüdisches Gemeindezentrum und eine Synagoge.

Neues Jüdisches Gemeindezentrum und Synagoge in Speyer

 

Genau 73 Jahre nach der Zerstörung des alten jüdischen Gotteshauses durch die Nationalsozialisten hat Speyer wieder eine Synagoge. Die Einweihungsfeier wurde bewusst auf den 9. November gelegt. "Der 9. November steht für das dunkelste Kapitel in der deutschen Geschichte", sagte der rheinland-pfälzische Ministerpräsident Kurt Beck: "Die neue Synagoge erinnert an die Vergangenheit, sie markiert aber auch einen Neuanfang." Zur Einweihung war auch Bundespräsident Christian Wulff nach Speyer gereist.



Seit dem 9. November 2011 hat die Stadt wieder ein jüdisches Gotteshaus, die Beith-Schalom-Synagoge (Haus des Friedens) am St.-Guido-Stiftsplatz. 

 

"Nachdem vor allem im Mittelalter vielfach Synagogen nach ihrer Enteignung in Kirchen umgewandelt wurden, ist nun in friedlicher Weise an der Stelle eines ehemaligen christlichen Gotteshauses eine Synagoge verwirklicht", sagte Bischof Wiesemann.

 

Bundespräsident Christian Wulff freute sich über die Einweihung. Er erinnerte an die Juden, die nach dem Krieg zurückkehrten und so eine "Hand zur Versöhnung" ausgestreckt haben, auf "die niemand in Deutschland einen Anspruch hatte und hat".

Die frühere Katholische Kirche ist in dreijähriger Bauzeit nach den Plänen des Frankfurter Architekten Alfred Jacoby umgebaut und neugestaltet worden. Das neue dreigeschossige Gotteshaus besteht aus einem Gebetsraum in Ellipsenform mit Platz für rund 110 Gläubige sowie einem Gemeindezentrum. Damit sind die Jahre der provisorischen Lösungen für die etwa 143 Mitglieder der jüdische Gemeinde in Speyer vorbei.

 

Umbau und Neugestaltung haben 3,5 Millionen Euro gekostet. Die Jüdische Kultusgemeinde der Rheinpfalz beteiligte sich mit 750.000 Euro, das Land steuerte 1,65 Millionen Euro bei. Die Stadt hat das Grundstück zur Verfügung gestellt und den Bau mit 555.000 Euro unterstützt. 



 

Der Vizepräsident des Zentralrats der Juden in Deutschland, Salomon Korn, betonte in einem Interview mit dem Deutschlandradio Kultur, dass in der "medialen Aufblähung" von Synagogenbauten ein Zeichen nach wie vor fehlender Normalität liege. Verglichen mit christlichen Kirchen und auch Moscheen seien Synagogen zahlenmäßig eigentlich eine "marginale Baugattung".

 

Man dürfe nicht vergessen, dass es vor dem Krieg in Deutschland rund 3.000 Synagogen und Betstuben gegeben habe, fügte Korn hinzu, der selbst Architekt ist und die Frankfurter Synagoge gebaut hat. Heute seien es vielleicht 100, von denen zwei Dutzend nach 1989 errichtet worden seien.



 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Der Davidstern und die 10 Gebote

 

 

Auf dem roten Stoff des Vorhangs des Toraschreines ist in hebräischer Schrift der Spruch

 

"Treue entsprießt der Erde und Gerechtigkeit blickt vom Himmel"

 

aufgebracht. Das Zitat stammt aus Psalm 85, Vers 12:

 

Diese Schrift ist durch Aussparungen in den beiden Flügeln des Toraschrankes auch bei geschlossenen Türen lesbar.

 

Die ganze Textstelle drückt den Wunsch nach einer besseren Welt aus.

 

Vers 11: "dass Lieb und Treue sich begegnen, dass sich Gerechtigkeit und Friede küssen".



In der Synagoge gibt es 110 Sitzplätze.

 

Neue Thora-Rolle für Speyer

Förderverein Frankenthal spendet 250 Euro

Am 3. Juli 2017 wurde in der Speyerer Synagoge die neue Thora-Rolle eingeführt.

 

Am 3. Juli 2017 ist die neue Thora-Rolle in der Synagoge Beith-Schalom in Speyer mit einer Feier eingeweiht worden. Das heilige Buch der Juden wurde in Israel geschrieben.

 

Das Ritual beginnt im Garten neben der Synagoge. Unter einem blauen Baldachin haben sich Männer der Gemeinde versammelt. Mit Geigenmusik setzt sich der Zug mit allen Gästen dann in Bewegung. An der Spitze befindet sich ein Rabbiner mit der neuen Thora-Rolle. "Die Feier enthält Elemente einer jüdischen Hochzeit, aber auch anderer jüdischen Feste", erläutert Rabbiner Yitzhak Hoenig aus Mönchengladbach. Die Elemente der jüdischen Hochzeit sollen die Hochzeit der Gemeinde mit der Thora widerspiegeln. In den vergangenen zwei Jahren hatte er sich mit Gemeindemitgliedern in Israel auf die Suche nach einer passenden Rolle gemacht, die dort erst noch geschrieben wurde. Er hat dann auch die Rolle nach Speyer gebracht hat. Grundlage für diese Zusammenarbeit ist seine Freundschaft zu Marina Nikiforova, die Geschäftsführerin der Jüdischen Kultusgemeinde der Rheinpfalz.

 

Auf dem Weg in die Synagoge begegnen sich die alte und die neue Rolle. Im Innern der Synagoge wird die Rolle mit Geigen- und Klaviermusik in die Mitte der jüdischen Gemeinde aufgenommen.

 

In den Festreden würdigen die Gäste die Bedeutung der Juden, gerade in den Schum-Städten Speyer, Mainz und Worms. Speyer sei früher ein geistiges und kulturelles Zentrum gewesen, in das viele Studenten gekommen seien, um den Gelehrten zuzuhören, informierte der rheinland-pfälzische Wissenschaftsminister Konrad Wolf. Im 11. bis 13. Jahrhundert hätten die Juden wesentlich zum wirtschaftlichen Aufschwung beigetragen.

Die neue Thora-Rolle

Abraham Lehrer, stellvertretender Vorsitzender des Zentralrats der Juden in Deutschland, erinnerte an die aus den ehemaligen UdSSR-Staaten vertriebenen Juden. Mittlerweile seien in Deutschland 110.000 Juden in Gemeinden aktiv. "Sie machen einen Bruchteil der Bevölkerung aus, aber trotzdem gibt es Antisemitismus", bedauerte Lehrer.

 

Der Speyerer Oberbürgermeister Hansjörg Eger betonte in seiner Rede: "Dass Speyerer aller Konfessionen für die neue Thorarolle gespendet haben, ist ein deutliches Zeichen. Und auch der Titel ,Speyer ohne Rassismus – Speyer mit Courage’ ist für uns kein Erfolgsmerkmal, sondern stetige Verpflichtung."

 

Die neue Rolle hat 25.000 Euro gekostet.

 

An den Feierlichkeiten nahmen auch der katholische Generalvikar Franz Jung und der Oberkirchenrat der Evangelischen Kirche der Pfalz, Michael Gärtner, teil.

 

Die neue Thora wird zusammen mit der alten in den Gottesdiensten verwendet.

 

(siehe DIE RHEINPFALZ vom 4. Juli 2017)