Harry Kindermann

Viele Jahre Geschäftsführer und Vorsitzender

Seit 1959 war Harry Kindermann viele Jahre Geschäftsführer und im Vorstand der Jüdischen Kultusgemeinde der Kurpfalz. In Schulen erzählte er oft und gern über sein Leben in Berlin und in der Pfalz.

 

Seit 1959 war Harry Kindermann viele Jahre Geschäftsführer und im Vorstand der Jüdischen Kultusgemeinde der Kurpfalz.

 

Harry Kindermann wurde 1927 in Berlin geboren. Seine Eltern waren zwar 1924 nach Palästina ausgewandert, kamen aber zurück nach Berlin, weil der Großvater - ein deutscher Patriot - verlangte, dass sein Enkel in Deutschland aufwachsen müsse.

 

Der Großvater war es auch, der dem jungen Vater eine Stelle als Maurer auf dem Jüdischen Friedhof Weißensee verschaffte, wo er als Chef der Fundamente-Bauabteilung bald ein gutes Einkommen erzielte. Weil ihn der Vater zum Spielen oft mit auf den Friedhof nahm, sagt Harry Kindermann von sich, dass er „praktisch auf dem Friedhof groß geworden“ sei. 1939, mit zwölf Jahren brachte ihm der Vater auf dem Friedhofsgelände sogar das Autofahren bei.

 

Nach der Schließung der jüdischen Schulen in Deutschland wurde der vierzehn-jährige Harry auf den jüdischen Friedhof zwangsverpflichtet.

Sein Großvater, Träger des Eisernen Kreuzes, und die Großmutter wurden deportiert und ermordet.

 

Harry Kindermann überlebte den Zweiten Weltkrieg als Zwangsarbeiter in einem Bautrupp, der im Auftrag von Adolf Eichmann in Berlin Tiefbunker baute.

Nach der Befreiung arbeite er unter anderem als Bauleiter für die Firma Philipp Holzmann.

 

Er heiratete 1950. Im Februar 1953 floh er aufgrund einer antisemitische Hetzkampagne mit Frau und Kind aus Ost-Berlin. Er zog nach Ludwigshafen und arbeitete bei der städtischen Baugesellschaft GAG.

 

"Im Himmel, unter der Erde"

Die Jugendzeit von Harry Kindermann auf dem

jüdischen Friedhof Weißensee in Berlin

Im Film "Im Himmel, unter der Erde" erzählt Harry Kindermann von seiner Jugendzeit auf dem jüdischen Friedhof Weißensee in Berlin.

 

Im Norden der Stadt Berlin, mitten in einem dicht bebauten Wohngebiet, umgeben von Mauern und bedeckt von einem Urwald aus Bäumen, Rhododendron und Efeu liegt der Jüdische Friedhof Berlin-Weißensee. Er wurde 1880 angelegt, ist 42 Hektar groß, hat derzeit 115.000 Grabstellen und immer noch wird auf ihm bestattet. Weder der Friedhof noch sein Archiv sind je zerstört worden – ein Paradies für Geschichten-Sammler.

 

Die Filmemacherin Britta Wauer und ihr Kameramann Kaspar Köpke waren immer wieder auf dem Jüdischen Friedhof und haben einen höchst lebendigen Ort vorgefunden. Menschen aus aller Welt kommen dort hin und können von jüdischer, Berliner und zugleich deutscher Geschichte erzählen, von der dieser Ort erfüllt ist.

Der Film wurde auf der Berlinale 2011 mit dem Panorama-Publikumspreis als "Bester Dokumentarfilm" ausgezeichnet.

 

Auch Harry Kindermann hatte sich bei der Filmemacherin gemeldet, um über seine Jugendzeit auf dem Friedhof zu berichten.

 

Der Förderverein für jüdisches Gedenken Frankenthal lud Harry Kindermann 2012 als Zeitzeuge ein. Im Lux-Kino wurde vorher der Film "Im Himmel, unter der Erde" gezeigt.

 

 

Harry Kindermann starb 2018 in Ludwigshafen. Das Familiengrab befindet sich auf dem Jüdischen Friedhof in Ludwigshafen.