Isaac und Isabella Schweitzer  -  1876 bis 1911

Geimeinsam mit Hermann Wertheimer wollte Isaac Schweitzer sich nach einem geeigneten Geschäftsstandort umsehen. So kamen beide auch nach Frankenthal. Detailliert schildert Isaac Schweitzer in einem Brief in englischer Sprache vom 29. November 1876, seiner Ehefrau in den USA:

Auszug aus Isaac Schweitzers 6-seitigem Brief vom 29. November 1876. Auf Seite 2 schildert er die Vorzüge der Stadt Frankenthal.

"... Herr Wertheimer und ich haben ein geeignetes Geschäft in Frankenthal gefunden, beste Lage, an einer Ecke des Marktplatzes. Frankenthal ist ein netter Platz mit 10.000 Einwohnern. Es gibt Gasanschluss, Eisenbahnanbindung, Fabriken und ein reiches bäuerliches Umland. Jeden Dienstag und Freitag ist Wochenmarkt der sich positiv auf den Verkauf auswirkt, vergleichbar mit den Gerichtstagen in Fincastle (dem Geburtsort von Isabella) ...

 

Bereits vier Wochen später, am 2. Januar 1877, zeigt eine Annonce die Geschäftsübernahme der Herren Schweitzer & Wertheimer im Frankenthaler Wochenblatt an. Dieser Laden war an "einer" Ecke des Marktplatzes, wo genau ist nicht bekannt. Wann Isabella von Philadelphia zu ihrem Mann nach Frankenthal kam ist nicht bekannt. Der Umzug muss aber kurzfristig geschehen sein.

 

In dem Frankenthaler Wochenblatt vom 2. Januar 1877 wurde die Geschäftsübergabe angezeigt.

Der Eigentümer Abraham Neuberger betreibt seit 15 Jahren sehr erfolgreich sein Geschäft. Er schätzte dessen Vermögen auf 250.000 Gulden. Herr Neuberger müsse aus gesundheitlichen Gründen seinen Beruf aufgeben. Er und Herr Wertheimer hätten die Option das Ladengeschäft für drei Jahre und jeweils 1.800 Mark pro Jahr zu mieten. Für den vor dem 1. Oktober 1876 gekauften Warenbestand wären 7.000 Mark am 1. Januar 1877 zu zahlen. Bedenkzeit hätten sie bis zum 5. Dezember 1876. Sie hätten bereits eine Buchprüfung durchführen können. Es gäbe hier weitere sechs bis sieben größere Warenhäuser. Ein "Freimaurer-Bruder" habe ihm bestätigt, dass das Neuberger-Geschäft die größte Auswahl an Stoffen und Kurzwaren in Frankenthal hat.

 

Interessant ist sein Hinweis, dass ... ungefähr 50 jüdische Familien in Frankenthal leben, die meisten davon seien "sehr" reformierte Juden. Das Hotel werde von Juden betrieben... man kann hier genauso gut essen wie in den Hotels in denen ich bisher war.

 

 

Isaac Schweitzer im Jahr 1888 - Fotostudio Salmon Frankenthal

 

 

Isabella und Isaac Schweitzer um 1894 – Mannheimer Fotostudio G. Fillmann und Galler

 

Ab Dezember 1876 bis zu ihrem Tod lebten Isaac Schweitzer und sein Geschäftspartner Hermann Wertheimer in Frankenthal. Die 11 Kinder von Isaac und Isabella Schweitzer und die 4 von Hermann und Ernestine Wertheimer kamen in Frankenthal zur Welt.

Hermann Wertheimer, am 26. März 1848 in Durbach geboren, verstarb am 5. Oktober 1899 in Frankenthal. Er heiratete 1877 die Schwester von Isaac, Ernestine Schweitzer, die in Mühringen am 22. August 1851 geboren wurde und am 7. Mai 1912 in Düsseldorf verstarb. (siehe Familie Wertheimer)

 

Osterangebot 1877 des im Januar eröffneten jüdischen Kaufhauses

 

 

Ab dem 2. September 1881 war dieses Gebäude "Das Kaufhaus Schweitzer & Wertheimer", Ecke Marktplatz / Bahnhofstraße 1.

 

 

Isaac Schweitzer wurde im Februar 1881 zum Sekretär des Frankenthaler Schachclub gewählt. Weitere Mitglieder, wie Heinrich Perron, gehörten zu den Honoratioren der Stadt.

Isaac Schweitzer war in Frankenthal integriert und anerkannt, dies zeigen seine aktiven Mitgliedschaften in zahlreichen Frankenthaler Vereinen. Er war im Schützenverein, ab 1881 Sekretär im Schachklub, beginnend 1892 im Vorstand des Kaufmännischen Vereins. 1896 erfolgte seine Berufung in das Handel-/ Gewerbegremium (Vorläufer des Arbeitsgerichts) und 1897 zum Ersatzmann im Synagogen-Ausschuss. Bereits vor 1876 wurde er in den USA Mitglied in einer Freimauerloge.

 

 

Am 30. September 1892 wurde ganzseitig mit "größtes Kaufhaus der Pfalz" und Kinder- und Backfisch-Mäntel geworben. (Als Backfisch bezeichnete man früher heranwachsende Mädchen).

Das Warenangebot des Kaufhauses wurde von Isaac Schweitzer und Hermann Wertheimer ständig erweitert. 1889 ließen sie das Erdgeschoss des Geschäftshauses total umbauen. Dabei kam es am 22. August 1889 zu einem tragischen Unfall, bei dem der 29 Jahre alte Verkäufer Bernhard Lustig am späten Abend in den Keller stürzte. Er wurde erst am nächsten Morgen von Bauarbeitern gefunden und erlag drei Tage später im Hospital seinen Schädelverletzungen.

 

Nach diesem Umbau war ausreichend Platz für die eigene große Näherei zur Herstellung von Maß-Damenkleidern, später auch für Herren-Maßanzüge. Beides ergänzte hervorragend das Angebot an der zugekauften Konfektionskleidung.

 

 

Die 49-jährige Isabella im Jahr 1905 – Fotostudio G.Tillman-Matter Mannheim

Isaac Schweitzer führte sein Kaufhaus zu immer größerem Ansehen. Er konnte stolz auf eine große Kinderschar sein. Das erste Kind des Ehepaares starb noch in den USA im Alter von 11 Wochen. Die weiteren 11 Kinder von Isaac und Isabella Schweitzer wurden in Frankenthal geboren und wuchsen hier auf. Isaac verstarb bereits im Alter von 50 Jahren, am 17. Januar 1901 in Frankenthal.

 

Seine Witwe Isabella führte das Kaufhaus vorübergehend allein weiter, ab dem 1. Mai 1901 bis 15. Februar 1905 gemeinsam mit dem Carlsberger Kaufmann Benjamin (Bennie) Ullmann. Dieser heiratete ihre Tochter Hortense am 10. Oktober 1901 in Frankenthal. Carl Schweitzer, inzwischen 26-jährig, übernahm nach dem 15. Februar die alleinige Geschäftsführung des Kaufhauses Schweitzer & Wertheimer.

 

 

Isabella im Jahre 1910

Vier der Söhne - Karl, Hugo, Heinrich und Max - waren Soldaten im Ersten Weltkrieg, vermutlich aber auch Fred (Josef Friedrich). Max (Maximilian) Schweitzer fiel als Kriegsfreiwilliger bereits am 5. November 1914.

 

Isabella Schweitzer erlebte den Kriegstod ihres jüngsten Sohnes Max nicht mehr. Sie starb ein Jahr vor ihrer Schwägerin Ernestine Wertheimer, am 5. April 1911 im Alter von 54 Jahren in Ludwigshafen und wurde auf dem alten jüdischen Friedhof in Frankenthal beerdigt.

 

Ihr Grabstein und der ihres Mannes sind, wie alle Grabmale der rechten Seite, nicht mehr erhalten. Die zwei Gedenkplatten für Isaac und Isabella Schweitzer sowie Herrmann und Ernestine Wertheimer stifteten wahrscheinlich Verwandte in den 1950er Jahren.

 

 

Die Gedenkplatte für Isaac und Isabella Schweitzer - auf dem alten jüdischen Friedhof - stifteten wahrscheinlich Verwandte in den 1950er Jahren.