Familie Schottland

Die Mörscher Straße mit der Schillerschule (links). Im Eckhaus zur Gartenstraße (rechts mit dem roten Dach) lebten Kantor Heinrich Schottland und seine Familie.

 


Als Heinrich Schottland im April 1938 in die USA emigrierte, schrieb der damals in Bad Dürkheim lebende angesehene Bürger Ludwig Strauß im "Jüdischen Gemeindeblatt für die Rheinpfalz":

 

"Schmerzbewegt sieht die jüdische Gemeinde Frankenthal ihren Beamten Schottland, der ihr nahezu 18 Jahre hindurch Lehrer, Kantor und Prediger gewesen und der so oft in der Synagoge seine Zuhörer durch Gesang und Wort zu erbauen verstand, aus ihrer Mitte scheiden."

 

Heinrich Schottland, geboren 1884 in Bretzing bei Lodz, besuchte die Israelitische Lehrer-Bildungs-Anstalt in Würzburg und legte 1903 das Examen ab. Er wurde Kantor der Israelitischen Kultusgemeinde Rülzheim im Landkreis Germersheim und heiratete 1906 Eugenie Löb aus Rülzheim. Dort kamen auch die Kinder Alexander Eduard (1907), Edwin (1908) und Gertrude (1910) zur Welt.

 

Mit Beginn des 1. Weltkrieges wurde Heinrich Schottland Soldat und erhielt das Eiserne Kreuz wegen "Tapferkeit vor dem Feind".

 

Die Familie Schottland 1930 (hinten von links): Alexander Eduard, Gertrude und Edwin Schottland; (vorn von links): Heinrich Schottland, Tochter Hannah und Eugenie Schottland geborene Löb.

Nach dem Krieg war Heinrich Schottland Kantor in Crailsheim, bevor er im Herbst 1920 mit seiner Familie nach Frankenthal übersiedelte und Kantor der Israelitischen Kultusgemeinde wurde. Im September 1921 legte er das 2. Staatsexamen ab und durfte nun auch als Lehrer an der Karolinenschule unterrichten. 1922 kam als letztes Kind die Tochter Hannah in Frankenthal zur Welt.

 

Heinrich Schottland war 1. Vorsitzender des Vereins Pfälzisch-Israelitischer Lehrer und Kantoren und unterrichtete ab September 1936 auch die jüdische Sonderklasse in Ludwigshafen am Rhein. Die Frankenthaler Juden beschrieben ihn als gütigen Menschen, der jedoch streng auf Disziplin achtete, als wortgewandten Prediger und begabten Musiker. Zu den Geistlichen der christlichen Konfessionen hatte er ein ausgezeichnetes Verhältnis.

 

Artikel in der "Bayerischen Israelitischen Gemeindezeitung" vom 1. Oktober 1936:

 

Speyer am Rhein. Am 1. September wurden im Bereich des Regierungsbezirkes Pfalz in vier Städten jüdische Sonderklassen der allgemeinen Volksschulen errichtet, in Ludwigshafen zwei Klassen (vorläufig nur mit einem Lehrer besetzt), in Kaiserslautern, Landau und Neustadt an der Weinstraße je eine Klasse.

 

Nach Ludwigshafen wurde Lehrer und Kantor Schottland (Frankenthal) angewiesen, nach Kaiserslautern Lehrer i.R. Langstädter, nach Landau Lehrer und Kantor Zeilberger (Landau) und nach Neustadt Schulamtsbewerber Samson aus Landau. Sämtliche Lehrkräfte sind auf Dienstvertrag mit monatlicher Kündigung angestellt.

 

Jüdische Schulen entsprechend dem bayerischen Schulbedarfsgesetz, deren Lehrer Beamte sind, bestehen noch in Speyer, Pirmasens und Rodalben.

 

Todesanzeige für Heinrich Schottland in der amerikanischen Zeitung "Aufbau".

1937/38 emigrierte die Familie Schottland ins Ausland und ließ sich in New York nieder. 1954 wurde Heinrich Schottland zum Rabbiner ordiniert und gründete eine angesehene jüdische Gemeinde.

 

Er starb am 22. Februar 1957.