Möglichkeiten zur Rettung

Die Bescheinigung über die Verlegung von Julius Fuld aus dem Lager Gurs in das Transitlager Camp des Milles 1941. FOTO: Generallandesarchiv Karlsruhe 480EK 87831

Nur einem kleinen Teil der Internierten war die Emigration möglich, denn "nur wer über genügend Geld verfügte, nur wer einflussreiche Verwandte oder Freunde im Ausland hatte, konnte sich für eine Weile an der Hoffnung aufrichten, vielleicht irgendwann einmal aus dem Schreckensort herausgeholt zu werden."

 

Ende 1940 hatten zirka 4.200 Personen im Lager Gurs die Absicht auszuwandern, "ganze Familien mit Kindern oder Verwandten in USA, die sie schon um Einwanderungspapiere gebeten hatten".

 

Eine Reihe von ihnen besaß bereits Einwanderungsvisa für die USA, die allerdings nur vier Wochen Gültigkeit hatten und somit Ende 1940 fast alle verfallen waren. Neben dem Einwanderungsvisum mussten die Emigranten auch eine von den Vichy-Behörden auszustellende Ausreiseerlaubnis, ein Transitvisum (für Spanien und Portugal) sowie Devisen für die Schiffspassage besitzen.

 

Doch auch diejenigen, die all diese Voraussetzungen erfüllten, scheiterten oft an der fehlenden Passagemöglichkeit. Die wenigen Schiffe waren bis auf Monate hinaus ausgebucht.

 

Verzweifelt warteten die im Auswanderungslager Les Milles und in den Frauenlagern in Marseille lebenden Juden auf einen Schiffsplatz: "Hier ist man schwer enttäuscht über das Missverhältnis zwischen den amerikanischen Versprechungen und den Taten, die uns gegenüber geschehen. Man hat uns im Namen von USA versprochen, uns aus der Hölle von Gurs zu erlösen und uns zur Emigration zu verhelfen. Jetzt sitzen die, welche ihr Visum haben, hier ohne Schiffe, und infolge des stockenden Abtransportes machen die Konsulate (besonders das von USA) die den Süddeutschen von Stuttgart her bekannten Schikanen ... Deshalb sorgt für viel viel mehr Schiffe zum Transport“.

 

Ab Mai 1941 wurde die Auswanderung durch den Druck der NS-Regierung auf Vichy-Frankreich weiter erschwert. Das Reichssicherheitshauptamt (RSHA) schrieb am 20. Mai 1941 an den Beauftragten des Chefs der Sicherheitspolizei und des SD für Belgien und Frankreich:

 

"Da für die Juden aus dem Reichsgebiet zur Zeit nur ungenügend Ausreisemöglichkeiten in der Hauptsache über Spanien und Portugal vorhanden sind, würde eine Auswanderung von Juden aus Frankreich und Belgien eine erneute Schmälerung derselben bedeuten. Unter Berücksichtigung dieser Tatsachen und im Hinblick auf die zweifellos aufkommende Endlösung der Judenfrage ist daher die Auswanderung von Juden aus Frankreich und Belgien zu verhindern."

 

Trotz all dieser Erschwernisse konnten noch viele aus den Lagern entkommen, erhielten in Marseille ein Visum für die USA und machten sich – zum Teil auf abenteuerlichen Wegen – über Spanien nach Portugal auf den Weg nach Lissabon. Die von dort ausgelaufenen portugiesischen Schiffe "Nyassa", "Excambion", "Mouzinko" und "Excalibur" brachten 1941 und 1942 Hunderte von Gurs-Internierten in die Vereinigten Staaten.