"Die Endlösung"

Im Gäste- und Tagungshaus der SS am Berliner Wannsee fand am 20. Januar 1942 die "Wannsee-Konferenz" statt. Hier beschlossen zahlreiche Ministerien die "Endlösung" der "Judenfrage".

Am 20. Januar 1942 fand in einer Villa am Berliner Wannsee eine Konferenz des Reichssicherheitsreichsamtes (RSHA) eine Besprechung zahlreicher Ministerien statt: die "Wannsee-Konferenz". Hier wurde über das Schicksal der im Einfluss- bereich der National- sozialisten lebenden Juden beraten, nachdem ein Erlass zum Reichsbürgergesetz Ende 1941 sämtliche im Ausland lebenden deutsche Juden zu "Staatenlosen" erklärt und ihr Vermögen zugunsten des Staates eingezogen hatte. Im "Zuge der Endlösung" sollen – laut Besprechungsprotokoll – "die Juden in geeigneter Weise im 0sten zum Arbeitseinsatz kommen". Die arbeitsfähigen Juden sollten zum Straßenbau eingesetzt werden, "wobei zweifellos ein Großteil durch natürliche Verminderung ausfallen wird". Die Verbleibenden müssten "entsprechend behandelt werden", da sie "eine natürliche Auslese darstellend, bei Freilassung als Keimzelle eines neuen jüdischen Aufbaus anzusprechen" seien. "Im Zuge der praktischen Durchführung der Endlösung wird Europa von Westen nach 0sten durchgekämmt", heißt es weiter im Protokoll der "Wannsee-Konferenz".

 

Adolf Eichmann, Leiter des für die Organisation der Vertreibung und Deportation der Juden zuständigen Referats des RSHA, legte ein Papier mit Zahlen vor: Betroffen sind rund 11 Millionen Juden. 

Ein Güterwagen in der Gedenkstätte Yad Vashem in Jerusalem erinnert an die Transporte der Juden in die Vernichtungslager.

Nachdem der deutsche Militärbefehlshaber in Frankreich am 4. Februar 1942 die Auswanderung von Juden ehemals deutscher Staatsangehörigkeit aus Frankreich untersagt hatte, erließen die mit der "Judenfrage" befassten deutschen Dienststellen in Paris ab März 1942 erste Anweisungen zur Deportation von Juden "in den 0sten".

 

SS-Hauptsturmführer Theo Dannecker hatte am 4. März 1942 bei der Tagung der Judenreferenten im RSHA in Berlin die Meinung vertreten, man solle der französischen Regierung "den Abschub mehrerer tausend Juden" vorschlagen. Bereits am 10. März 1942 meldete Dannecker, dass "jetzt schon in Vorverhandlung mit französischen Regierungsstellen eingetreten werden könne wegen des Abschubs von rd. 5.000 Juden nach dem 0sten".

 

Am 27. März 1942 verließ der erste Transportzug mit 1.112 Personen von Compiègne aus Frankreich in Richtung Auschwitz. Die "praktische Durchführung der Endlösung" hatte damit begonnen. Zwischen April und Juli 1942 arbeiteten das Reichssicherheitshauptamt in Berlin in Verbindung mit den entsprechenden Dienststellen der Gestapo in Paris die Pläne für die Fortführung der Abtransporte aus.

 

Im Juni 1942 wurden die Deportationen in den 0sten fortgesetzt, wobei die französische Polizei "die von den Deutschen angeordnete und von Vichy gebilligte Hilfestellung leistete".

 

Die Maßnahmen zur sogenannten Endlösung wurden im Sommer 1942 gleichzeitig in der besetzten und unbesetzten Zone Frankreichs eingeleitet. Razzien, regelrechte Menschenjagden wurden durchgeführt.

 

Allein am 16. und 17. Juli 1942 wurden in Paris insgesamt 12.884 staatenlose und ausländische Juden festgenommen.

 

Am 5. und 6. August 1942 wurde in Gurs und den anderen Internierungslagern in Südfrankreich mit der Deportation begonnen. 

 

Alice (8), Lotte (9) und Ludwig (10) Adler aus Frankenthal wurden am 12. Februar 1943 von Drancy nach Auschwitz transportiert und dort ermordet.

In der Zeit von März 1942 bis August 1944 sind insgesamt 73.853 Juden in 77 Transporten aus Frankreich in den 0sten deportiert worden, vor allem in den Monaten August und September 1942. Die meisten Deportationen erfolgten von dem Zwischenlager Drancy bei Paris aus, lediglich die beiden ersten von Compiègne aus, sechs Transporte starteten in Pithiviers, zwei in Baune-la-Rolande, einer der ersten in Angers, die vorletzte Deportation aus Frankreich setzte sich von Lyon aus in Bewegung.

 

Allein 71 Transporte gingen nach Auschwitz, zwei nach Majdanek, zwei nach Sobibor und je einer nach Reval und Buchenwald.

 

Unter den über Drancy in die Vernichtungslager im Osten verschleppten Juden befanden sich mindestens 354 der 824 Personen, die am 22. Oktober 1940 aus der Pfalz nach Gurs deportiert worden waren. Allein 345 von ihnen kamen nach Auschwitz und neun nach Lublin-Majdanek.

 

Nur ganz wenige Pfälzer Juden, keine zehn, haben Auschwitz und die anderen Lager im Osten überlebt. Mindestens 215 Personen starben in Gurs, Noé, Récébédou, Rivesaltes und in weiteren Lagern bzw. Hospitälern in Südfrankreich.

 

46 Personen galten seit der Deportation nach Gurs bzw. seit der von dort erfolgten Verlegung in ein anderes Lager als verschollen. Mindestens 205 Personen konnten gerettet werden. Von ihnen wanderten 72 in letzter Minute in den Jahren 1941 und 1942 aus, vor allem in die USA.

 

133 Personen überlebten nachweislich in Frankreich. Nach Kriegsende kehrten 35 Personen wieder nach Deutschland zurück, zum Teil in die gleichen Städte und Dörfer in der Pfalz, aus denen sie einst verschleppt worden waren.

 

Das Lager wurde am 31. Dezember 1945 aufgelöst. "Die Ruinen wurden 1950 aus sanitären Gründen eingeäschert", heißt es auf der entsprechenden Stele in der heutigen Gedenkstätte: "Auf dem ganzen Lagergelände wurde ein Wald gepflanzt. Das Lager fällt für Jahrzehnte der Vergessenheit anheim."