Andere Lager in Südwestfrankreich

Die Juden aus Gurs wurden ab 1941 auch auf andere Lager in Südwestfrankreich verteilt.

 

Ab Februar 1941 wurde mit der Verlegung einer größeren Zahl von Deportierten in kleinere Nebenlager in Südwestfrankreich begonnen:

 

Familien mit Kinder kamen hauptsächlich nach Rivesaltes (Département Pyrénées 0rientales), wo die Baracken in besserem Zustand waren als in Gurs und auch die Krankenstationen über eine bessere Einrichtung verfügten. Allerdings verursachten die schlechten klimatischen Verhältnisse in diesem Lager eine Zunahme von Krankheiten.

 

Ältere Gurs-Internierte wurden in das Lager Noé südlich von Toulouse verlegt, andere, vor allem auch Behinderte, kamen in das Lager Récébédou (Département Haute Garonne).

 

Eine Baracke im Lager Rivesaltes im Jahr 1941.

Nachdem es sich herumgesprochen hatte, dass die Lebensbedingungen in Noé und Récébédou besser waren als in Gurs, beantragten viele ihre Verlegung in diese Lager.

 

Die mit Ausreise- papieren versehenen Internierten wurden in die sogenannten "Centres d’embarquement" (Lager für Emigranten), die Männer nach "Les Milles" bei Marseille, die Frauen in die Hotels "Bompard" und "Terminus du Port" in Marseille gebracht.

 

In Les Milles befanden sich im Juni 1941 zirka 1.500,

in Noé 1.550,

in Récébédou 1.800,

in Rivesaltes 8.000 und

in Gurs noch 6.200 Personen.

 

Immer wieder versuchten einzelne Internierte aus dem Lager zu flüchten. Nur wenigen ist dies gelungen. Die meisten wurden erwischt und ins Lager zurück gebracht, wo sie dann ein gedrucktes Formular unterschreiben mussten, auf dem es in französischer und deutscher Sprache hieß: "Jeder Fluchtversuch wird mit einer Gefängnisstrafe bestraft, deren Dauer durch den Zentrumsdirektor festgesetzt wird. Der Präfekt wird davon in Kenntnis gesetzt. Beim zweiten Fluchtversuch wird die Strafe verdoppelt, und falls ein neuer Fluchtversuch gemacht wird, wird der Beherbergte in das Straflager von Le Vernet überführt.“

 

Paul Niedermann (vordere Reihe 4.v.l.), geboren am 1. November 1927 in Karlsruhe, ist ein Zeitzeuge der nationalsozialistischen Judenverfolgung in Deutschland und Frankreich. Er lebt seit dem Ende des Zweiten Weltkrieges in Frankreich.

 

Viele Lagerinsassen versuchten, wenigstens für einige Tage oder Wochen aus dem Lager heraus zu kommen und beantragten bei der Lagerverwaltung ihre vorübergehende, manchmal auch endgültige Entlassung, um sich in einem Ort in der Nähe oder bei Verwandten und Freunden aufhalten zu können. Manchen dieser Gesuche lagen Atteste der behandelnden Ärzte bei, die sich den Antragstellern gegenüber weitestgehend wollwollend verhielten. Falls nicht eine endgültige "Libération" erfolgte, wurden die Ausgangsgenehmigungen immer befristet ausgestellt.

 

So manche kehrten nicht mehr nach Gurs zurück und versuchten außerhalb des Lagers ihre Auswanderung vorzubereiten.

 

Mehrere Tausend Juden konnten durch die Hilfsorganisationen, aber auch dank des Einsatzes einzelner Franzosen gerettet werden. So wurde zum Beispiel der aus Wolhynien stammende katholische Geistliche Abbé Alexandre Glasberg, der manche aus den Lagern herausholte und Flüchtlingsheime errichtete, für viele zum Lebensretter.

 

Die Organisation 0SE war bestrebt, die Kinder aus dem Lager herauszuholen, und besorgte für sie bessere Unterkünfte. Tausende von jüdischen Kindern überlebten dank des Engagements der amerikanischen "Society of Friends", der Quäker, die in Marseille ein eigenes Büro unterhielten und dafür sorgten, dass ein großer Teil der internierten Kinder das Lager verlassen konnte. Sie wurden entweder in Kinderheime gebracht oder von Privatfamilien aufgenommen. Viele gelangten durch Vermittlung der Quäker in die USA, kamen zu Verwandten oder wurden von Pflegeeltern großgezogen.